Boxing Day Beach Barbie Cocktails

Boxing Day Beach Barbie Cocktails

„Haben wir einen Speer?“ – Madame schaute mich ratlos an: „Einen Speer?“. Ich erläuterte „Ja, wegen Australien“. Weiter ein ratloser Blick. „Die kulinarische Weltreise.“ Immer noch kein erkennendes Leuchten in den Augen. Dabei hatte ich Madame doch unter anderem geheiratet, weil sie meine halb dahingeworfenen Gedankenansätze so gut versteht. Aber anscheinend hatte sie einen schlechten Tag. Sie fragte wieder „Hast Du ‚Speer‘ gesagt?“

Also musste ich meinen genialen Plan erläutern: „Schildkrötensuppe. Ur-Australisch. Die Meeresschildkröten werden seit tausenden von Jahren von den Aborigines bejagt. Die Schildkröten brüten an der gesamten Nordküste. Ist aber in Deutschland nicht mehr zu bekommen und zu recht international geschützt. Aber es gibt eine Ausnahme: Nach dem Native Title Act 211 von 1993 dürfen Aborigines und Torres Strait Islanders Meeresschildkröten nach traditionellen Methoden bejagen. Ich dachte, ich nehme unseren Speer, fahre zum Kremmener See, leihe mir ein Stand-Up-Paddle-Board, klemme mir den Speer zwischen die Zähne und jage Schildkröten.“

Immer noch kein Aufleuchten in den Augen. Es folgte nur ein kurzes „Du bist kein Torres Strait Islander“ und „Impossible – Unmöglich.“ Ich schmollte. Dachte weiter nach. Musste ihr widerstrebend Recht geben. Bei näherer Betrachtung wies mein Plan einige kleine Lücken auf. Ich musste mich innerlich von der Schildkrötensuppe verabschieden. Immerhin führte mein Interesse zu einem Schildkrötensuppen-Blogpost.

Weiterhin brauchte ich ein australisches Essen. Mein Kombi-Blogprojekt aus Blogevent „Kulinarischer Weltreise“ und nachkochen des Kochbuchs „Die 100 berühmtesten Rezepte der Welt“ führte diesen Monat nach Australien.

Blogger Aktion "Die kulinarische Weltreise" von @volkermampft hält in Australien - die besten Rezepte und Gerichte

Was ein Problem darstellte. Australien kommt in dem Kochbuch nicht vor. Meine erste Idee war „Ich nehme was Englisches, und werfe Avocados und Limetten dazu.“ Beim Durchblättern der 100 Rezepte kam die Idee Schildkrötensuppe. Schwierig. Madame war auch nicht begeistert von der Idee „Traditional Mardu Firehunting“ mit unserer Wiese und den dortigen Wühlmäusen zu betreiben. Mit glänzenden Augen schwärmte ich ihr vor, dass wir unsere Wiese anzünden und dann die gerösteten Wühlmäuse verzehren könnten. „Impossible“, sagte sie nur.

Also war ich wieder auf den Kremmener-See-Plan zurückgeworfen. Ich blieb gedanklich beim Stand-Up-Paddling. Ich lief sinnierend am Gartenweg entlang als Dietbert mit weiten Schwüngen auf seinem Longboard vorbeidüste, dabei auf den Lippen die Beach Boys: „If everybody had an ocean, across the U.S.A. Then everbody’d be surfin‘ like Californi-a. Everybody’s gone surfin‘ Surfin‘ USA.“

Mir fiel das australische Doo-Wop-Quartett The Delltones ein. Die hatten nicht nur Stomp und Surf-Musik gesungen, sondern 1963 auch das Beach Boys Cover „Surfin‘ Australia“ veröffentlicht.

Surfen, Beach, Ozean

Strandgrillen, beziehungsweise Barbie on the Beach, Cocktailparties, Weihnachten. Australien, das Land, in dem alles falsch herum funktioniert. Australisches Weihnachten läutet den Beginn des Hochsommers ein. Boxing Day Beach Barbie, das Strandgrillen am zweiten Weihnachtstag, ist fester Bestandteil australischer Weihnachtsbräuche. Ich wusste es: Ich mache eine Barbie-Beach-Christmas-Cocktail-Extravaganza. Madame blieb bei „Impossible.“

Das Herzstück war schnell gefunden. Wie der Guardian schreibt: „Christmas in Australia Means Prawns.“ Prawn Cocktail – Krabbencocktail. Der Klassiker, der ebenso gut an den Strand wie auf eine Weihnachtsparty passt, und in dieser Form schon seit Jahrzehnten in Australien verspeist wird. Die Mischung aus Meeresgetier, Cocktailsauce und Salat wurde vermutlich in Californi-a im späten 19. Jahrhundert geboren. Ursprünglich noch zubereitet mit Austern, die vor der Einführung der verlässlichen Tiefkühlkette weiter verbreitet waren als Krabben und Langusten.

„Oyster Cocktails“ tauchten im 1900 auf australischen Pferderennbahnen auf. Damals noch mehr Drink als Essen. Das erste Rezept für ein Oyster Cocktail mit Tomatensauce, das deutlich als Mahlzeit gemeint war, findet sich in der Zeitung „The Dawn“ aus Sydney von 1901

Aus dem Jahr 1908 stammt das Rezept für ein Hummercocktail. „The Mail“ aus Adelaide kam 1936 bereits nah an das heutige Rezept, zu reichen zu einer Cocktail-Strand-Party:

Seafood cocktail is another bright idea.
A gill of mixed shellfish, such as lobster, crabmeat. prawns, a small glass of dry sherry. two dashes Tabasco sauce, a teaspoon lemon juice, two tablespoons tomato sauce or catsup, a teaspoon Worcester sauce, half teaspoon chopped chives, or the green part of spring onions. Mix well and stand on ice or carry in an iced vacuum flask until ready to serve. Hand this round with some thinly cut buttered brown bread, or toast sippets.

Seit etwa den 1950ern findet sich Mayonnaise in den Rezepten, seit den 1970ern Avocados. Lange war der Prawn Cocktail ein fester Bestandteil schickerer Restaurantküche und von Weihnachtsmenüs „mit Anspruch“. Bis das Rezept das Schicksal erlebte, welches viele Rezepte aus den „100 berühmtesten Rezepten“ wiederfuhr. Es wurde kitschig.

„Hummercocktail (USA)“ Aus: Die 100 berühmtesten Rezepte der Welt.

Was schade ist, Garnelen, Tomaten, Salat, Avocados sind eine gute Mischung. Die Mayonnaise lässt sich auch durch eine Sauce aus Macadamia-Nüssen ersetzen – sagt der australische Macadamia-Nuss-Verband.

Aussie-Christmas = UK-Christmas + Tropen

Gleichzeitig mit dem Abstieg des Prawn Cocktails begann das australische Weihnachten zum Seafood-Weihnachten zu werden. Ursprünglich ähnelte das australische Weihnachten sehr dem britischen Weihnachten: Schwere Braten, eingelegte Früchte, Christmas Puddings. Gegen 1900 fiel den Australiern auf, dass Sydney an Heiligabend ein ähnliches Klima wie Rom im Sommer hat.

Seit etwa 1900 ersetzen frische, tropische Früchte die eingelegten englischen auf den Weihnachtsmenüs. Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Pavlova zum würdigen Nachfolger des Christmas Puddings. Und seit etwa den 1980ern nimmt Seafood eine wichtigere Rolle ein. Der Sydney Fish Markt begann 1994 einen 36-Stunden-Seafood-Marathon direkt vor Weihnachten von 5 Uhr Morgens am 23. Dezember bis 17:00h am Weihnachtsabend. In dieser Zeit kommen etwa 100.000 Kunden.

Weihnachtsmenü

Madame hatte mittlerweile ein halbes Dutzend Impossible Pies gebacken. Ich surfte innerlich noch vor den australischen Stränden, suchte nach Ergänzungen zum Prawn Cocktail:

Käsekuchen was sonst. Mit Weihnachtsmannhut. Und schließlich zur sommerlich-ausschweifenden Cocktail-Weihnachts-Beach-Party ein Eiscreme-Cocktail mit frischen Früchten: Der Champagne-Rasperry-Ice-Cream-Float.

Die Aussie Boxing Day Beach Barbie Cocktail Extravaganza

Santa Hat Cheesecake

Ich nahm eine Abkürzung und buk klassischen Käsekuchen nach dem Familienrezept „von Ralf“. Für stilechter Ambitionierte findet sich nebenan der Wattleseed Cheesecake mit Lemon Myrtle-Macadamia-Boden von Chilli und Ciabatta.

Käsekuchen mit Ausstecher oder Wasserglas ausstechen. Mit dem Spritzbeutel Sahne verteilen, Erdbeere aufsetzen und noch ein Sahnehäubchen.

Raspberry Ice Cream Float

Nach dem Rezept von Reciperunner.

Zutaten

Eine Flasche Sekt.
400 Gramm Himbeeren
60 Gramm Zucker
500ml Vanilleeis

Zubereitung

4 Himbeeren pro Cocktail für die Garnitur aufgeben. Die anderen kurz mit dem Vanillezucker aufkochen, bis ein marmeladenartiger Sirup entsteht.

Diesen abkühlen lassen.

Cocktailgläser mit dem Sirup füllen. Darauf einen Esslöffel Vanilleeis geben. Mit Sekt aufgießen. Die Garniturhimbeeren darauf setzen.

Prawn Cocktails

Bei der Cocktail lehnte ich mich eng am Rezept des australischen Macadamianussverbandes an. Ansonsten dienten mir die „100 berühmtesten Rezepte der Welt“, Mary Berry, Felicity Cloak und verschiedene vergessene Seiten als Inspiration.

Zutaten

Prawns

500 Gramm Weißbeingarnelen (Litopenaeus vannamei) – Handelsname „White Tiger“. Aber ehrlich gesagt bei Garnelen finde ich die Zusammenhänge zwischen Handelsnamen und Packungsinhalt nebulös.

Eine Avocado
½ Salatgurke
2 Salatherzen
Schnittlauch

Für die Sauce
100 Gramm Macadamias (ungesalzen)
100 ml Wasser
1 Teelöffel Senf
½ Teelöffel Salz
2 Teelöffel Zucker
1 Esslöffel Tomatenmark
1/2 Teelöffel Worcestersauce
Tabasco, nach Geschmack
Limettensaft
50 ml mildes Olivenöl
3 Esslöffel Nussöl

Zubereitung

Vorbereitung

Clean the Barbie.


Sofern die Prawns tiefgekühlt waren, rechtzeitig auftauen.

Grill vorheizen

Für die Sauce

Die Zutaten, bis auf das Öl, mit Zauberstab/Küchenmaschine mixen, bis eine cremige Sauce entsteht. Mit Tabasco, Worcestersauce und Limettensaft abschmecken.

Das Öl langsam hinzufügen und weitermixen.

Etwa die Hälfte der Prawns bei mittlerer indirekte Hitze etwa 5 Minuten grillen. Gegebenfalls schälen, in größere Stücke schneiden, mit der Sauce vermengen.

Cocktails zusammenbauen

Gurken halbieren, mit einem Löffel das Innere auskratzen, den Rest kleinschneiden.

Salatherzen in mundgerechte Stücke reißen.

Avocado auskratzen und das Innere klein schneiden.

Cocktails aufeinander schichten: Salat, Gurke, Avocado, Sauce.

Die restlichen Prawns fünf Minuten bei mittlerer indirekter Hitze grillen. Am Ende einmal langsam aber stetig über die direkte Hitze ziehen.

Anrichten. Mit dem Schnittlauch dekorieren.

Merry Christmas!“ rufen.

Zum Abschluss einige surfenden Weihnachtsmänner (in Sekunde 41 mit Krabbenpulen):

Die anderen Weltreisenden

Britta von Backmaedchen 1967 mit Kokoswürfel/Lamingtons
Michael von SalzigSüssLecker mit Lamingtons
Sonja von fluffig & hart mit Chicken parmigiana
Sonja von fluffig & hart mit Fairy Bread mit Flat White
Kathrina von Küchentraum & Purzelbaum mit Lamingtons
poupou von poupous geheimes laboratorium mit Impossible Pie
Gabi von Slowcooker.de mit Mini-Pavlovas mit Erdbeeren
Tina von Küchenmomente mit ANZAC-Kekse aus Australien
Simone von zimtkringel mit Australian Meat Pie
Anna fuer Wilma von Pane-Bistecca mit Anna’s ANZAC Biscuits!
Britta von Brittas Kochbuch mit Banana Macadamia Cookies
Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Wattleseed Cheesecake mit Lemon Myrtle-Macadamia-Boden
Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Lemon Myrtle Dampers
Sylvia von Brotwein mit Meat Pie – Rezept für Fleisch Pastete
Susanne von magentratzerl mit Dimmies – Australische Dim Sun
Carina von Coffee2Stay mit ANZAC Biscuits aus Australien
Dirk von low-n-slow mit Boxing Day Beach Barbie Cocktails
Susi von Turbohausfrau mit Australische Laksa
Britta von Brittas Kochbuch mit Lamingtons aus Resten
Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Potato Scallops mit Würzsalz
Britta von Brittas Kochbuch mit (vegane) Fish Burgers
Britta von Brittas Kochbuch mit Strawberry Pavlova
Sus von Corumblog 2.0 mit Rhubarb & Rasberry Brownies
Volker von volkermampft mit Meat Pies – australischer Klassiker mit Hähnchen, Cranberries & Macadamia

16 thoughts on “Boxing Day Beach Barbie Cocktails

  1. Good on ya! Deine Zusammenstellung ist mindestens genauso bunt (Flamingo!) gemischt wie die australische Speisekarte.

    Ich gebe dir übrigens gerne Jagderlaubnis für unsere im Garten leider zahlreich vorhandenen Wühlmäuse. Wir heizen auch schon mal das Barbie vor!

  2. Da ist letztens is der Gräfte des Nachbarn so ein Tier herumgekrochen – egal, wasses ist: Von mir kriegst du den Speer (die Flammenjagd machste ja schon bei Petra) und dann kannst du anschließend Schildkrötensuppe kochen oder Nutria grillen 🙂 Ich esse dann aber lieber doch den Cheesecake…

  3. Tja, was soll ich sagen, in meinem Gartenteich wohnen zwei Schildkrötentiere mit Namen Maier. Ich nehm dann aber doch lieber den Cocktail mit ohne Schildkröte, dafür gerne mit Garnele. Oh, und Nachtisch würd ich dann auch nehmen. Ich sag´s ja nur. Falls noch was da wäre.
    Grüßle
    Simone

  4. Ich wüsste gar nicht ob und was ich kommentiert hätte, wenn du doch (wie auch immer) erfolgreich Schildkröten erlegt hättest…zum Glück ist es ja nicht soweit gekommen 😉 .
    Allerdings haue ich dafür bei deiner aktuellen Auswahl richtig rein – einmal alles bitte!
    Liebe Grüße
    Tina

  5. Hallo Dirk,

    wie immer sehr lecker und unterhaltsam geschrieben. Ich hätte allerdings auch die exotischen Gerichte probiert 😉

    Schöne Grüße
    Volker

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