Bolo de fubá, Maiskuchen-Samba

Bolo de fubá, Maiskuchen-Samba

„5. Minute. Das Spiel hat noch gar nicht richtig angefangen. Antonio Cabrini schlägt eine weite Flanke auf Paolo Rossi und der köpft. 1 zu 0 für Italia!“

Ich versuchte, Merlino zu unterbrechen. Aber es war chancenlos. Ich hatte „Brasilien“ gesagt und er war nicht mehr zu stoppen.

„25. Minute. Toninho Cerezo spielt einen schlechten Pass am Mittelfeld, den Paolo Rossi sich schnappt. Er stürmt auf’s Tor und schießt: Italia 2 Brasilien 1. Paolo Rossi – der, den alle hassten, denn er spielte für Juventus! Der Held des Spiels, der Italia zum Weltmeister machte.“

„Aber es geht doch um Kuchen“, versuchte ich einzuwenden.

„69. Minute. Eine weite Ecke von Bruno Conti. Marco Tardelli schießt. Rossi, schon wieder Paolo Rossi, steht kurz vor dem Tor und leitet den Ball unhaltbar in die Ecke um. Italia 3 Brasilien 2! Und Italia ist in der nächsten Runde.“

„Eines der besten WM-Spiele aller Zeiten. Entschieden durch den Juventus-Spieler Paolo Rossi!“

Ich hätte es ahnen sollen. Ich hatte kurz wegen eines Tipps zu Maisbrot gefragt und aus Versehen Brasilien gesagt. Ein Land, bei dem nicht nur Merlino zuerst an Fußball denkt: Pelé, Ronaldo, Ziko.

„Ah, der Spielmacher 1982. Eine großartige Mannschaft; mit Ziko, mit Socrates, mit Falcao. Die letzte Mannschaft, die noch richtig brasilianisch spielte. Großer Favorit auf die Weltmeisterschaft. Und sie verloren gegen Italia! Mit drei Toren von Paolo Rossi.“

Nicht nur Fußball

Ja, aber es gibt mehr. Und dabei will ich nicht gerade gar nicht an den furchtbaren Wahlkampf denken, der dort aktuell abläuft. Es gibt den Amazonas und noch den Regenwald. Eine wilde politische Geschichte. Eine Einwanderergesellschaft, in denen Einwanderer aus den meisten Kontinenten ihre Spuren hinterlassen haben. So auch beim Essen. Ein bisschen kommt mir Brasilien immer vor wie der wilde Bruder der USA.

Ich versuchte, das Gespräch wieder auf mein Thema zu lenken: Essen. Immerhin hatten Merlino und ich uns im Cheruskerpark verabredet, um erwachsenen Menschen beim Sporttreiben zuzusehen und dabei über Essen zu reden. Und so sahen wir einen schwitzenden Mann, Klimmzüge veranstalten, während ich begann, Essensgeschichte zu referieren.

Es gibt natürlich afrikanische Einflüsse im brasilianischen Essen. Fast hätte ich den kongolesischen Fisch im Bananenblatt – Liboke de Poisson – den ich dann nicht verbloggte – als brasilianischen Peixe na Folha da Bananeira ausgegeben. Aber dann wäre der Tilapia erklärungsbedürftig gewesen, den zwar wild im Fluss Kongo lebt und aquakulturell in Berlin-Tempelhof gezogen wird; aber nicht in Brasilien vorkommt.

Kulinarische Weltreise

„Ach, kulinarische Weltreise?“, fragte Merlino.

Genau. Der Blogevent von volkermampft. Jeden Monat ein Thema, meist ein Land. Und eine spannende Gemeinschaft der Blogger*innen trifft sich, kocht und bäckt und tauscht sich darüber aus. In den nächsten Monaten stehen zum Beispiel „Feiertagsrezepte weltweit“ (November) und Nepal (Dezember) auf der Reiseliste.

Blogger Aktion "Die kulinarische Weltreise" von @volkermampft hält in Brasilien - die besten Rezepte und Gerichte

Nachdem mich Zeitnot meine Beiträge Kongo (Liboke de Poisson), Grönland (Veganer Wal) und Italien (Gianduja) kostete, will ich mich im Oktober wieder beteiligen. Praktischerweise mit demselben Gericht wie im Juni: süßes Maisbrot / Maiskuchen. Es reicht mich auch, weil die Form des Kuchens so unglaublich europäisch aussieht. Und der Brauch ihn nachmittags zum Kaffee zu essen, auch stark nach europäischen Einwanderern klingt. Aber Maismehl ist natürlich eine sehr süd/mittelamerikanische Zutat.

Nach der mexikanischen Maisbrot-Variante im Mai sollte es dieses Mal brasilianischen Bolo de Fubá geben. Ich entschied mich für die Variante der brasilianischen Gaststudenten der Innungsbäckerei Diepenbrock in Münster. Immerhin heißt diese Variante „Samba aus der Backstube.“

Teigziegelstein

Und da kommst du jetzt ins Spiel, Merlino. Ich habe ja keine Ahnung vom Backen und mache brav, was mir gesagt wird: Aber wie soll ich Eischnee unter einen Ziegelstein heben?

Er: „Come?“

Ich: Ich habe brav Maismehl, Weizenmehl und Hefe gemischt. Dann Milch mit Zitrone aufgekocht und auch gemischt. Dann Butter geschmolzen und Zucker hinzugetan und weiter gemischt bis es eine glatte Masse war. Und naja, diese glatte Masse hätte ich zu einer Art Teigball formen können und damit eine Scheibe einwerfen. Unter diesen Teigstein sollte ich dann vorsichtig Eischnee heben.

Merlino: Das klingt, als hättest Du gebacken, wie Deutschland bei der WM 1982 gespielt hat.

Das kann sein. Aber ich kann ja nicht backen und habe mich an das Rezept gehalten.

Und das war vertrauenswürdig?

Es stand immerhin auf Innungsbäcker.de. Allerdings machte mich schon misstrauisch, dass bei den Zutaten ein Päckchen Backpulver stand – das dann aber im ganzen Rezept nicht verwendet wurde.

Auf jeden Fall hatte ich einen massiven Teigball. Und nach Unterheben des Eischnees hatte ich immer noch einen massiven Teigball. Und nach dem Backen war es kein Ball mehr – aber fluffig ist auch etwas anderes.

„Da kann ich auch nicht helfen. Da musst du üben und üben und üben. Wenn Du kein Pelé des Backens bist, musst du den Berti Vogts geben.“

Manche müssen es sich hart erarbeiten. Und anderen können es. Wie zum Beispiel Brasilien:

Merlino fragte: „Und schreibst du das Rezept?“

Wäre ja komisch wenn nicht. Aber nicht ohne diese Alternative von The Spruce Eats zu erwähnen, die ich mal testen werde. Und nicht ohne das Blog Flavors of Brazil zu loben, das wirklich spannend, spannend, spannend aussieht.

Das Rezept

Zutaten

Man benötigt

3 Eier
60 Gramm Zucker
30 Gramm Butter
200 ml Milch
200 Gramm Maismehl
15 Gramm Weizenvollkornmehl
1 EL Trockenhefe
Saft einer halben Orange

(Eine kleine Springform)

Zubereitung

Ofen aus 180 Grad vorheizen. Eier trennen.

Maismehl, Weizenmehl und Hefe verrühren.

Milch mit Orangesaft aufkochen und in die Mehl-Hefe-Mischung geben und gut verrühren.

Butter schmelzen. Zusammen mit 3 Eigelb und 15 Gramm Zucker in die Mehl-Milch-Mischung geben und verrühren bis eine glatte Masse entsteht.

Drei Eiweiß und 15 Gramm Zucker zu Eischnee schlagen. So dies möglich ist, unter die Teigmasse heben.

Alles in die Springform geben und bei 180 Grad 40 Minuten lang backen.

Guten Appetit

Die anderen Weltreisenden

Susanne von magentratzerl mit Feijão mit Arroz | Scharfe Wachtelbohnen mit brasilianischem Reis
Regina von bistroglobal mit Moqueca
Wilma von Pane-Bistecca mit Bolinho de Aipim da Aguida
Britta von Brittas Kochbuch mit Moqueca de Camarão – Garnelen und Fisch im Kokosmilch
Britta von Brittas Kochbuch mit Caipirinha-Sorbet
Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Quadradinhos de Maracuja – Maracuja-Quadrate
Wilma von Pane-Bistecca mit Jeijoada – Brasilianischer Bohneneintopf
Simone von zimtkringel mit Camarão com Amendoins – Garnelen mit Erdnüssen
Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Marinierte Hähnchen-Oberschenkel mit Bananen-Farofa
Wilma von Pane-Bistecca mit Quibebe – Brasilianisches Kuerbis Gericht
Kathrina von Küchentraum & Purzelbaum mit Brasilianische Kürbissuppe
Wilma von Pane-Bistecca mit Brasilianisches Huehner Curry
Sonja von fluffig & hart mit Bolo de Fubá – brasilianischer Maiskuchen
Michael von SalzigSüssLecker mit Feijoada – Brasiliens Lieblingseintopf
Petra aka Cascabel von Chili und Ciabatta mit Arrumadinho de linguiça

9 thoughts on “Bolo de fubá, Maiskuchen-Samba

  1. Wie hat dein Kuchen den geschmeckt? Es gibt ja sicher zigtausende Rezepte dafür. Könnte das nicht ein Übersetzungsfehler sein und anstelle von Hefe sollte Backpulver ins Rezept?
    Ich kenne den Bolo de Fubá aus Brasilien übrigens auch so, dass man alle Zutaten im Mixer vermischt und die dann recht flüssige (!) Masse in eine Form gießt, siehe https://chili-und-ciabatta.de/2004/07/seeblicktreff_b/ Das ist jedenfalls deutlich weniger anstrengend 😉

  2. Also mein Gefühl sagt mir, dass da irgendeine Flüssigkeit im Rezept fehlt. Denn wenn du die gleiche Menge Maismehl wie Flüssigkeit hast, bekommst du tatsächlich eine Masse, die du z.B. zu mexikanischen Tacos formen, aber bei der du kein Eischnee unterheben kannst. Da musst du mal bei den Innungsbäckern nachfragen. Auch schon, weil das Backpulver später fehlt.

  3. Spannend. Geschmacklich stelle ich mir den Kuchen sehr lecker vor mit dem Orangenaroma. Für mich passt da das Verhältnis von Mehl und Flüssigkeit nicht.

  4. Wie immer lese ich mit Freude deinen Text und muss gestehen, dass das Rezept, ob gelungen oder nicht, für mich völlig in den Hintergrund gerät, weil mir deine Wortmalerei immer so viel Spaß macht. Übrigens hätte ich dir den Peixe na Folha da Bananeira auch locker abgenommen.

  5. Interessant, Dein Rezept ähnelt meinem Bolo de Fubá sehr, mein Teig ist allerdings flüssig geworden, so dass sich sowohl das Eiweiß gut hat unterheben lassen, also auch der Kuchen ganz glatt geblieben ist. Backpulver kommt bei mir mit rein, die Milch wird aber nicht erhitzt, sondern nur erwärmt, sonst geht meiner Meinung nach auch die Hefe kaputt.
    Andererseits finde ich die „wilde“ Oberfläche irgendwie cool, so ein bisschen wie „Vom Winde verweht“.

  6. Hallo Dirk,

    schön das Du wieder dabei bist und schade daß es die anderen Rezepte nicht in Blog geschafft haben.

    Der Fisch würde mich sehr reizen, insbesondere da ich für Hallacas eh wieder Bananenblätter besorgen muss.

    Gruß Volker

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